Frau und Technik: Rollenmodelle gefragt | Die Wirtschaftsfrau
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Salomé Iglesia, Industrial Engineer bei Siemens. (Foto: Siemens Schweiz AG)

Frau und Technik: Rollenmodelle gefragt

Grüezi Frau Salomé Iglesia. Sie sind momentan als Leiterin Produktmanagement-Team Operations & Control Systems bei Siemens Schweiz AG tätig. Wie kam es dazu?

Meine jetzige Position ist eine Kombination von Fleiss, Ehrgeiz, Ausbildung und Menschen, die mich gefördert haben.

Was sind – kurz zusammengefasst für unsere Leserinnen und Leser – die wichtigsten Tätigkeiten, die in Ihren Aufgabenbereich fallen?

Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass das Produkt, für das ich zuständig bin, weiterhin marktfähig bleibt. In meinem Fall ist das „Iltis“, ein integriertes Leit- und Informationssystem, das den gesamten Zugbetrieb steuert und überwacht. Mein Team fungiert dabei als Drehscheibe zwischen der R&D-Abteilung, der Projektabwicklung und dem Vertrieb. Natürlich beziehen wir bei der Weiterentwicklung von Iltis auch unsere Kunden eng mit ein. Seit längerem ist die Digitalisierung ein grosses Thema. So konnten wir kürzlich eine Weltpremiere zusammen mit der Gornergrat Bahn umsetzen und das weltweit erste Bahnleitsystem realisieren, das in einer Cloud betrieben wird.

Sie haben es weit gebracht. Welchen Charaktereigenschaften schreiben Sie Ihren beruflichen Erfolg zu?

Zielorientiertheit, Selbstbewusstsein, Pragmatismus und Flexibilität sind sicher hilfreich.

Welche Fähigkeiten müssen die Mitarbeitenden Ihres Teams Ihrer Ansicht nach mitbringen, um ihre Arbeit erfolgreich zu erledigen?

Flexibilität, Selbstständigkeit, Motivation und ein grosses Durchsetzungsvermögen.

Beobachten Sie einen Unterschied zwischen den Kompetenzen und Fähigkeiten von weiblichen Teammitgliedern und denjenigen, die männliche Vertreter mitbringen – insbesondere auch bezogen auf die Industrie- und IT-Branche?

Nein, für mich gibt es keine Männer- und Frauenmuster, nur Persönlichkeitsmuster. In unserer Branche ist es wichtig, einen technischen Background zu haben, das Geschlecht ist sekundär.

Mir ist allerdings aufgefallen, dass Frauen in der Industrie ein bisschen tougher zu sein scheinen als anderswo.

Ich glaube, das ist so, weil sie sich seit dem Studium in einer vorwiegend männlichen Welt zu behaupten hatten. Sie mussten sich Respekt verschaffen, beweisen, dass sie etwas auf dem Kasten haben. Die Tatsache, dass sich eher wenige Frauen für ein technisches Studium entscheiden, finde ich sehr schade. Und es zeigt, dass wir unbedingt mehr Rollenmodelle für den weiblichen Nachwuchs brauchen. Wir sollten schon den Mädchen zeigen, dass Frauen und Technik sehr gut zusammenpassen.

Kann man sagen, dass die Tätigkeit in der Industrie- und IT-Branche anspruchsvoller ist als in anderen Bereichen? Falls ja, inwiefern? Das würde ich nicht direkt behaupten. Die Industrie- und IT-Branche ist sicher anspruchsvoll, aber das sind viele andere Branchen auch.

Und genau diese Eigenschaft macht meiner Meinung nach einen Job auch interessant.

Meine Arbeit mit neuen, innovativen Technologien im Umfeld der Digitalisierung empfinde ich als äusserst spannend und bereichernd. In meinem Team haben wir den Luxus, das grosse Ganze neu denken zu dürfen – das ist gewiss herausfordernd, aber auch ein tolles Privileg, das ich sehr schätze.

Auf welche Bereiche wird sich Siemens in den nächsten Jahren stark fokussieren müssen, um den Anschluss an die rasante Entwicklung der Industrie- und IT-Branche nicht zu verlieren?

Sehr relevant wird sicher weiterhin das Thema Digitalisierung und in diesem Zusammenhang auch die IT-Security als Voraussetzung für die Digitalisierung sein. Anwendungen mit künstlicher Intelligenz, predictive Maintenance-Geschichten und alles rund um das Internet der Dinge (IoT) und Industrie 4.0 sind weitere Bereiche, die uns beschäftigen werden. Also sehr viele Themen rund um die Informationstechnologie. Da Siemens ja nicht nur ein Industriekonzern ist, sondern auch unter den Top 10 der IT-Firmen rangiert, passt das hervorragend in unser Portfolio.

Wie beschreiben Sie die Unternehmenskultur, die von Siemens in Bezug auf die Mitarbeitenden verfolgt wird?

Ich empfinde unsere Unternehmenskultur als sehr konstruktiv, fördernd und offen. Die Hierarchien sind horizontal geprägt und es wird eine Speak-up-Kultur gepflegt. Wenn Kolleginnen und Kollegen das möchten, werden sie auch gefördert. Als Mutter schätze ich zudem unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle. So kann ich auch von zu Hause arbeiten, wenn mal ein Kind krank ist, oder etwas später kommen, wenn ich vorher noch einen Umweg über die Kita mache.

Das Women’s Network – ein Forum, das den Austausch von Ideen und Erfahrungen unter den „Siemens-Frauen“ ermöglicht, schätze ich ebenfalls sehr.

Inwiefern fördert Siemens durch die interne Unternehmenskultur die Erhöhung der Geschlechtervielfalt im Unternehmen allgemein sowie auch im Top-Kader?

Das Programm „Own Your Career“ vermittelt Orientierung, Motivation und Struktur für jeden Mitarbeitenden im Rahmen der eigenen beruflichen Entwicklung.

Mitarbeitende werden zur bewussten Entscheidung rund um Ausbildung, Training und Laufbahnmöglichkeiten befähigt.

Wenn es spezifisch um Frauen geht, ist das Women’s Network sicher zu erwähnen. Die Frauen dieses Siemens-internen Netzwerks treffen sich regelmässig zum Austausch. Zudem beinhaltet das Programm auch ein Mentoring. Es ist hilfreich, jemanden zu haben, der an einen glaubt und einen weiterbringt. Aber das reicht nicht. Es ist auch eine Frage der inneren Einstellung und Haltung, ob man sich entwickeln will – Stichwort Mindset. Hierzu kommt mir immer das Märchen mit der Prinzessin in den Sinn, die passiv auf ihren Prinzen wartet. Wenn man sein Schicksal nicht selbst in die Hand nimmt, passiert auch nichts.

Welchen Einfluss hat Teilzeitarbeit auf die Kultur und Zusammenarbeit in Ihrer Branche oder Firma?

Unser Unternehmen bietet flexible und gute Lösungen für Teilzeitmitarbeitende an. So sind wir auch im diesjährigen Ranking von teilzeitstellen.ch 55 Plätze nach vorne gerutscht. Für mich persönlich ist Teilzeitarbeit keine Lösung, ich schätze jedoch die Flexibilität, die mir das Unternehmen bei meiner Arbeitszeiteinteilung gewährt.

Können Sie zum Abschluss dieses Interviews eine kurze Prognose wagen, wie sich die Geschlechterverteilung im Management der Firma in den nächsten zehn – 15 Jahren verändern wird?

Ich hoffe, dass das Thema Gender künftig überall als selbstverständlich betrachtet wird und nicht als Punkt, der auch noch mit einbezogen werden muss.

Es ist ja wissenschaftlich bewiesen, dass Diversity-Teams erfolgreicher sind als homogene Teams.

Und mehr Frauen im Team bedeutet auch wieder, dass es mehr Rollenmodelle gibt. Man kann auch sagen, ich vermisse den positiven Feminismus: Statt dass wir uns darüber beklagen, dass wir „armen Frauen“ übergangen wurden, sollten wir lieber Frauen zeigen, die es geschafft haben. Diese Rollenmodelle zeigen den jungen Mädchen, dass Frauen und Technik sehr gut zusammenpassen. Und dass auch Beruf und Familie vereint werden können. Vieles ist möglich – manchmal auch das Undenkbare – es ist alles eine Frage der Einstellung. Darum mein Appell an die Frauen: Seid mutig und wagt etwas.

Rubrik

gefragt

Ausgabe

Kultur und Konkurrenz

Salomé Iglesia

Geburtsdatum
18.08.1976

Nationalität
Spanien

Zivilstand
Verheiratet

Beruf
Industrial Engineer

Webseite
siemens.ch

Seit über 15 Jahren berufstätig: In Spanien (Telekom- und Gebäudetechnikbereich) und in den letzen zehn Jahren in der Schweiz bei Siemens Schweiz AG (Eisenbahnbereich). Darüber hinaus bin ich Präsidentin der Owl Business Angels GmbH: Zusammen mit anderen Absolventen des Executive MBA der Universität Zürich (Lehrgang 2014-2016) haben wir diese Firma gegründet mit dem Ziel, unser gemeinsames Wissen und Kapital in lokale Start-Ups zu investieren. Zu meiner Ausbildung: MSc Industrial Engineering – Electronic and Automation (Universidad Carlos III de Madrid) und eMBA Programm (Universität Zürich).

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