Isabelle Thommen: Führung: Mann und Frau im Vergleich | Die Wirtschaftsfrau
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Weibliche Führungskräfte – und Vorurteile
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Weibliche Führungskräfte – und Vorurteile
Portrait von Isabelle Thommen
Portrait von Isabelle Thommen

Führung: Mann und Frau im Vergleich

Sie sind bei der BP (Switzerland) in Zug für Human Resources und Corporate Communications verantwortlich. Wie hat sich das ergeben?

Vor 16 Jahren begann ich im Teilzeitpensum als Kommunikationsmanagerin. Ich erhielt die Chance, ad interim zusätzlich eine internationale Rolle in Grossbritannien zu übernehmen, anschliessend war ich in der Schweiz auch für die Human Resources verantwortlich. Seit 14 Jahren habe ich zwei Hüte auf: Kommunikation und HR.

Wie hoch ist der allgemeine Frauenanteil in Ihrer Unternehmung?

In der Schweiz sind es nahezu 50 Prozent. Weltweit beträgt er übrigens 33 Prozent – Tendenz steigend.

Und wie hoch ist der Anteil an Frauen in der Führungsetage und im Verwaltungsrat?

Wir haben keinen Verwaltungsrat mehr in der Schweiz, da wir vor einigen Jahren die Rechtsform geändert haben. Ich war als einzige Frau im Verwaltungsrat von zwei Tochtergesellschaften der BP (Switzerland): Castrol (Switzerland) AG und TAA Tankanlagen Auhafen AG. Aufgrund der aktuellen Organisationsstruktur gibt es bei der BP (Switzerland) auch keine klassische Führungsetage mehr.

Woran liegt es, dass Sie wenig Frauen haben?

Die Erdölindustrie ist eine eher männerlastige Gesellschaft, daher bin ich mit unserem Frauenanteil in der Schweiz ganz zufrieden!

Wo gehen Ihrer Ansicht nach die meisten weiblichen Talente verloren?

Es ist eine grundsätzliche Frage, ob und wie es Firmen gelingt, Talente und Können ihrer Mitarbeitenden zu erkennen und optimal einzusetzen – das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Gezielte Weiterbildungsangebote können dabei helfen

Besonders wichtig finde ich auch die Fähigkeit, zu kommunizieren und zuzuhören.

Dadurch werden die verschiedenen Talente, auch die weiblichen, erkannt. Weiter sollten Frauen ihre Wünsche und Ziele klarer formulieren und ihrem Arbeitgeber mitteilen.

Wie viele Stunden pro Tag arbeiten Sie?

Das ist sehr unterschiedlich. Meine berufliche Aufgabe ist interessant und bereichernd, ich arbeite gerne und intensiv. Ich bin aber auch Familienfrau und Mutter von bald erwachsenen Kindern, einer Tochter und einem Sohn. Gemeinsam mit meinem Partner führe ich einen Haushalt, treibe regelmässig Sport, auch kulturelle Anlässe und ein regelmässiger Austausch mit Freunden sind mir wichtig. Zeit zu finden für all diese Tätigkeiten ist natürlich immer wieder ein Balance-Akt, der ab und an in Schieflage gerät und wieder adjustiert werden muss.

Arbeiten Sie mehr oder weniger als Ihre männlichen Kollegen?

Ich glaube, das hängt weniger vom Geschlecht als vielmehr von der Art Arbeit ab.

Welche Strategien nutzen Sie, um sich im Job – auch gegenüber von Männern – durchzusetzen?

Meine eigenen. Ich empfehle jedem und jeder Mitarbeitenden , die eigenen Strategien anzuwenden, denn auch hier geht es schliesslich um Talente und Fähigkeiten. Es gibt natürliche Leader und es gibt auch verschiedene Konzepte, wie man sich Leadership aneignen und dieses entwickeln kann. Wichtig ist, den gegenseitigen Umgang fachlich kompetent, auf Augenhöhe und mit Respekt zu gestalten.

Spüren Sie einen Unterschied zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen?

Immer wieder lese ich von den Unterschieden, und wir führen bei BP auch hochinteressante und lehrreiche Workshops zum Thema „Genderspeak“, also zu den unterschiedlichen Verhaltensweisen und Sprachen. Ich erlebe aber, dass es kein schwarz-weiss gibt: Männer weisen
oft „frauentypische“ Verhaltensweisen auf und umgekehrt. Vielleicht haben Frauen tendenziell ein geringeres Selbstverständnis darüber, ob sie als Führungskraft überhaupt infrage kommen. Da sind uns die männlichen Kollegen – wenn wir generalisieren wollen – möglicherweise schon etwas voraus.

Was tut Ihre Firma, um gezielt Frauen in die Führungsetage zu holen?

Die BP Gruppe engagiert sich sehr stark im Bereich „Diversity & Inclusion“. Eines der Themen ist, den Frauenanteil zu erhöhen. Jeder Geschäftsbereich verfügt über einen Diversity-Plan mit quartalsweiser Berichterstattung und Kennzahlen. Diversity widerspiegelt sich auch in den Personalprozessen – beispielsweise dem Auswahlgremium und der Kandidatenliste –, weiter
in Workshops, Mentoring-Programmen oder Einzelcoachings.

Haben Sie einen Tipp für Frauen, die hoch hinaus wollen?

Mir hat mal ein (weiblicher!) Coach gesagt, ich soll mehr lächeln. Damals fand ich diese Bemerkung sehr merkwürdig. Heute verstehe ich sie besser: Man kann ein Ziel besser erreichen, indem man seine Partner „mitnimmt“.

War es für Sie als Frau schwieriger, erfolgreich zu sein?

Ob das so ist oder nicht, ist schwierig zu beurteilen. Denn ich habe meinen Weg gewählt, andere machen Dinge auf ihre Art. Jeder muss für sich festlegen, was „erfolgreich sein“ bedeutet. Ist es die Höhe des Salärs? Oder geht es darum, ob man sich beruflich damit beschäftigen kann, was einem besonders gut liegt, was einen zufriedenstellt? Geht es um eine Anzahl von Pokalen, welche man gewinnen will? Oder vielleicht um die Grösse der eigenen Familie?

Für mich gibt es verschiedene Aspekte, die mich erfolgreich machen: Beruf, Familie, Freunde, Hobbys.

Was sagen Sie zu Müttern als Führungskräfte?

Weiter so! Ich selber fördere dies, und in vielen Berufen und Firmen ist dies mit den heutigen Möglichkeiten, zum Beispiel Teilzeit- oder Telearbeit, einfacher geworden. Allerdings darf man sich keiner Illusion hingeben: Zu Hause braucht es einen Partner, der ebenfalls im Haushalt und bei der Kinderbetreuung anpackt. Und: Wir Frauen müssen lernen, „unperfekt“ zu sein.

Sind Teilzeitstellen in Führungspositionen schwierig umsetzbar?

Das unterstütze ich so nicht. Sehen Sie, gerade Führungspersönlichkeiten sind oft nicht vor Ort anwesend. Deren Terminkalender sind ziemlich voll, und je nach Unternehmen gibt es auch zahlreiche Geschäftsreisen. Da sind die Führungskräfte nicht verfügbar. Deshalb ist es durchaus möglich, dass diese Teilzeit arbeiten. Das verlangt Disziplin von allen Seiten – und natürlich auch eine kulturelle Weiterentwicklung.

Sind Frauen zu einem Teil selber daran schuld, dass sie in der Führungsetage untervertreten sind?

Diese Frage möchte ich gerne umformulieren: Gibt es frauenspezifische Hindernisse, weshalb Frauen heute in der Chefetage untervertreten sind? Damit meine ich zum Beispiel die Berufswahl, sogenannte typische Frauenberufe wie Krankenschwester, Kindererzieherin oder Lehrerin; dies sind Jobs, die man auf Führungsetagen weniger findet.

Was können Frauen in der Führung besser als Männer?

Frauen haben oft mehrere Verpflichtungen, insbesondere, wenn zu Hause die entsprechende Unterstützung fehlt. Sie sind es gewohnt, viele verschiedene Projekte gleichzeitig zu managen und dabei stets den Überblick zu behalten.

Und was machen Männer besser als Frauen?

Männer sind bessere Netzwerker als Frauen und haben vielleicht auch weniger den Anspruch an sich selber, perfekt zu sein!

Rubrik

gefragt

Ausgabe

Führung & Digital

Isabelle Thommen

Nationalität
Schweizerin / Französin

Geburtsdatum
25. Juli 1963

Unternehmen
BP (Switzerland)

Info
Isabelle Thommen studierte an den Universitäten Zürich und Wien Geisteswissenschaften und arbeitete nach ihrem Abschluss im Bereich Kommunikation bei verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland. Vor 16 Jahren begann sie, in Teilzeit bei BP in der Schweiz als Kommunikationsverantwortliche zu arbeiten, wo sie zusätzlich den Bereich Human Resources übernahm. Sie hat heute beide Rollen inne.

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